|Wesentliche Ergebnisse zur baulichen Eignung für den RWF-Dachaufbau

Um die Umsetzung einer ROOF WATER-FARM vorzudenken, erfolgte eine erste baukonstruktive Einschätzung in Bezug auf den Dachaufbau im Sinne einer ROOF WATER-FARM für den Wohnbaukomplex Belziger Ring 2-6, 48-52, 54-60, 62-68, 12689 Berlin, in Kooperation mit dem Architekturbüro Freiwald.[1]

Die als Zeile in Plattenbauweise errichteten Gebäudekörper des Belziger Rings in Berlin Marzahn zählen zu den Wohnungsbauten, welche als sogenannte WBS 70 (Wohnungsbauserie 70)[2] [3] für einen Massenwohnungsbau in der ehemaligen DDR ab 1973 errichtet wurden. [4] [5] {{6}} Eine Umformung der Dachflächen im Sinne einer ROOF WATER-FARM (RWF) erscheint besonders interessant, da die Wohnungsbauserie 70 eine standardisierte Bauweise zugrunde liegt, die ortsungebunden in unterschiedlichen räumlichen Zusammenhängen prinzipiell immer gleich ausgeführt wurde. Ließe sich eine Dachflächennutzung inhaltlich, statisch, bautechnisch, und wirtschaftlich vertretbar planen, so ist von einer Übertragbarkeit auf weitere WBS 70 Gebäude und damit in einen städtischen Kontext auszugehen.

Prinzipiell ist die Wohnungsbauserie 70 auf einem einheitlichen Modulsystem mit einem Grundmodul von 100 mm und einem Großraster von 12m x 1.20m aufgebaut. Auf Grundlage dieses Modulsystems sollten durch horizontale und vertikale Addition von Fertigteilen differenzierte Gebäudeformen erreicht werden, wobei die Grundparameter mit einer Gebäudetiefe von 12m, einer Deckenspannweite von 6m und einer Geschosshöhe von 2.80m in der Regel gleich ausfallen.

Die Gründung erfolgte in der Regel entsprechend den örtlichen Gegebenheiten als Streifengründung oder mittels Fundamentplatten. Oberhalb der Fundamente wurde mit Fertigelementen gearbeitet. Die Außenwände bestehen aus einer dreischichtigen Außenwandplatte (bestehend aus einer ca. 15cm starken inneren Betonschicht, durch welche die Gebäudelasten linienartig abgetragen werden, einer Wärmedämmung und einer Wetterschutzschicht aus Normalbeton). Quer zu den Außenwänden sind ebenfalls tragende und raumhohe Innen- und Trennwandelemente angeordnet. Die Trennwände innerhalb der Wohnung sind in der Regel nicht tragend.

Mann website-01-01Die aus einer neuen Dachnutzung anfallenden zusätzlichen Lasten können prinzipiell über die Außenwände und die tragenden inneren Querwände geführt werden, wobei von einem lastabtragenden Raster von 6m ausgegangen werden kann. Sollte die Flächentragfähigkeit des Daches für die Neunutzung nicht ausreichend sein, so besteht die Möglichkeit die Lasten mittels einer zusätzlich eingefügten Verteilungsebene entsprechend des 6m Rasters abzuleiten. Die Tragfähigkeit und die Gesamtaussteifung des Gebäudes ist vom Erhaltungszustand der Elemente abhängig und erfordert eine gesonderte Untersuchung.

Der obere Gebäudeabschluss besteht aus einem vertikalen Drempelelement auf den beiden Außenwänden und einer parallel zur Traufe gebäudemittig angeordneten sogenannten Trogplatte, mit unterliegendem Trogauflager. Das Trogauflager gibt die Lasten zu den Querwänden ab. Die tiefer liegende Trogplatte ist mit den Drempelelementen durch eine Stahlbetonkassette mit der Dachplatte so verbunden, dass sie nach Innen abfällt und somit eine Innenentwässerung entsteht. Unterhalb der belüfteten Dachhaut befindet sich die Wärmedämmung. Statisch gesehen bilden Frontelement, Dachplatten und Trogträger ein unverschiebbares Dreigelenksystem.

Baukonstruktiv ist davon auszugehen, dass der obere Gebäudeabschluss entfernt werden muss und neue Anschlüsse an die Elementplatten hergestellt werden müssen. Dieser Eingriff in das bestehende Elementsystem stellt statisch und baukonstruktiv eine besondere Herausforderung dar. Mit dem Eingriff in das bestehende System muss das Gebäude eingerüstet und für den Eingriffszeitraum überdacht werden. Zudem müssen technische Lösungen für den Anschluss an das bestehende System gefunden werden.

Die technische Gebäudestruktur des WBS 70 gliedert sich in vom Keller bis in das oberste Geschoss führende Vertikalschächte, über die die Wohnungen mit Wasser, Gas, Fernwärme und Strom versorgt sind und dem horizontal angeordneten, sogenannten Leitungsgang, der sich im Keller befindet und durch den die Vertikalschächte miteinander verbunden sind. Stirnseitig befindet sich der Hausanschlussraum, mit den Übergängen zu den öffentlichen Versorgern. Diese Struktur lässt erwarten, dass sich die für eine RWF erforderliche technische Nachrüstung eines doppelten Leitungsnetzes für Grauwasser, Betriebswasser, Regenwasser und ggf. auch Schwarzwasser sowohl vertikal, als auch horizontal, gut zusammenführen lässt. Die häufig zur Anwendung gekommenen Trümmerschutzräume im Keller könnten zur Unterbringung der technischen Anlagen dienen. Diese wurden auf staatliche Weisung als Zivilschutzräume vorgesehen, die bei Zerstörung des Gebäudes vor den herabfallenden Trümmern Schutz boten.

Ebenfalls wirken sich die lineare Form der Zeilen und die zum großen Teil vorhandenen langen Zeilenlängen positiv hinsichtlich der Anordnungsmöglichkeiten der Produktionsstätten mit optimalem Verkehrsflächenanteil aus. [1]

Weitere Quellen & Datengrundlagen:

|VEB Wohnungsbaukombinat Berlin, Bereich Forschung und Projektierung WBS 70/11, Gebäudegrundrisse, Schnitte und Ansichten, M=1:100, 31.05.1977

|Kurzprotokoll Dach-Begehung am 14.12.2015 zusammen mit RWF-Projektpartnern und Verantwortlichen der degewo AG