|Nutzung, Dichte, Wanderungssaldo, Weg- und Zuzugsquoten, Eigentums- und Mietverhältnisse

Das Untersuchungsgebiet, welches sich zwischen Jannowitzbrücke und Elsenbrücke  erstreckt ist durch Mischnutzung, Gewerbe- und Büronutzung, industrielle Nutzung, Neubau von Gewerbe- und Wohnflächen sowie umgenutzte Industriegebäude geprägt. Der Anteil städtischer Wohnungsbaugesellschaften am Wohnungsbestand ist vergleichsweise niedrig. Im zentralen Bereich (ehemals Mediaspree) ist die Entwicklung der Stadtspree durch Wohnnutzung sowie gewerbliche und private Entwicklungstreiber, wie z.B. Investoren- und Vermarktungsgesellschaften geprägt[1][2].

Das Untersuchungsgebiet verzeichnet Zuzug, zunehmend wird Wohnungseigentum geschaffen – im Bestand und im Neubau. Luisenstadt und Revaler Straße sind als weitere Schwerpunkte für Wohnungsbau benannt. Der Bereich zwischen Elsen- und Schillingbrücke (ehemals Mediaspree) ist als Entwicklungsstandort für Industrie und Gewerbe, speziell die Creative Industries, ausgewiesen. Der Anteil an Sozialmietwohnungen ist verhältnismäßig gering. Das Mietpreisniveau ist hoch, d.h. im oberen Bereich des Berliner Mietspiegels. Die Belegungsdichte/ Einwohnerdichte ist vergleichsweise niedrig[3].

Etwas anders sieht es in den Wohngebieten um die Oberbaumbrücke (Friedrichshain, Rudolfkiez) und die Schillingbrücke aus (Kreuzberg, Luisenstadt). Hier gibt es überwiegend Wohnnutzung und einen etwas höheren Anteil an Sozialmietwohnungen. Die Luisenstadt und der Rudolfkiez weisen eine hohe Einwohnerdichte auf. Dennoch hat der Bereich der Stadtspree insgesamt verhältnismäßig wenig Gemeinbedarfs- und Sondernutzungen wie z.B. Kindertagesstätten, Schulen und Pflegeeinrichtungen.

Daten zur sozialen Struktur lassen durchschnittliche Erwerbslosigkeit- und durchschnittliche Armutsrisiken erkennen. Der Index zur Sozialen Ungleichheit befindet sich auf mittlerem Status bei positiver Dynamik, d.h. die soziale Ungleichheit nimmt statistisch gesehen ab[4]. Inwieweit Veränderungen der Bevölkerungsstruktur dafür verantwortlich sind, lässt sich aus den Daten nicht ablesen [4a].

|Baustruktur, Kartierung der RWF-Gebäudetypen, Wasserhaushalt

Baustrukturen des Untersuchungsgebietes um die Stadtspree sind gemischt. Die reale Nutzung der bebauten Fläche weist Bereiche mit Wohnnutzung als typische Blockrandbebauungen der Gründerzeit (Luisenstadt, Rudolfkiez) Zeilenbebauungen der 1950er und 1980er Jahre und aktuellen Wohnungsneubau (Wrangelkiez, ehemals Mediaspree) aus. Gewerbe und Dienstleistungszentren haben sich überwiegend als Um- und Nachnutzungen in den ehemaligen großflächigen industriellen Bauten angesiedelt und das Image des Gebietes als kreativer Raum und Gründerzentrum entscheidend geprägt. In den 1990er Jahren, der Phase der intensiven Zwischennutzung der ufernahen, aufgelassenen Gewerbe- und Industrieflächen, gab es viele Freiflächen und Gemeinnutzungen. Heute findet man hier umfassenden, exklusiven Neubau von Büro- und Gewerbeflächen und Eigentumswohnungen. Ehemals wurde dieses Stadtentwicklungsprojekt Mediaspree genannt.

Niederschlags- und Abflusswerte liegen im überdurchschnittlich hohen Bereich, da der Versiegelungsgrad des Gebietes ist mit 80-90 % enorm hoch ist. Grüne Infrastruktur (Grün- und Freiflächen) gibt es kaum. Das gesamte Gebiet wird in Mischkanalisation entwässert, häusliches und gewerbliches Abwasser und Regenwasser werden gemeinsam abgeleitet [5]. Dies führt regelmäßig zum Kollaps des Berliner Kanalisationssystems. Direkt an der Oberbaumbrücke befindet sich ein Regenüberlaufkanal, der vom Abwasserpumpwerk an der Rudolfstraße bis in die Spree führt. Die Berliner Abwässer werden nach Starkregenereignissen hier direkt und ungeklärt in die Spree ableitet, was regelmäßig zu Fischsterben und Unmut der Anwohner führt[6].

Charakteristisch für die Stadtspree als RWF-Modellgebiet ist die Ufer- bzw. Wasserlage. Darüber hinaus ist der Raum durch seine Nutzungsgeschichte, Akteursspektren und Entwicklungsdynamik ein Transformationsraum, der sich hoch dynamisch entwickelt und durch öffentliche, private und zivilgesellschaftliche Akteure aktiv (mit)gestaltet wird. Großflächige Neu- und Bestandsbauten von Einzelhandel, Gewerbe und Industrie entlang der Stadtspree weisen große Dachflächenpotenziale für RWF-Nutzung aus.

|RWF-Entwicklungsthesen für die Stadtspree: Überlassen! Experimentieren! Vielfalt kreativ nutzen!

Die Berliner Stadtentwicklungsstrategie[7] beschreibt den Transformationsraum zwischen Tretpower Park, Ostkreuz und Ostbahnhof charakteristisch als „Ort der neuen Berliner Mischung, gekennzeichnet durch ein Miteinander verschie­dener Nationalitäten, kreativer Szene, Kiezkultur, Gewerbebetrieben sowie Dienstleistungs­- und Medienunternehmen. Die einzigartige Verknüpfung von industriellem Erbe, attraktiven Wasserla­gen und vielfältiger Kultur und die hohe Kreativität der Menschen tragen zur Willkommenskultur sowie zur funktionalen und sozialen Mischung bei. Stadtspree und Neukölln sind Teil des grünen und blauen Netzes der Stadt und attraktive Wohn­ und Erholungsorte am Wasser“[8].

Die Stadtspree ist als internationales Vorzeigeprojekt für die gelungene Verbindung von Neuem und Altem, Wohnen und Arbeiten, Temporärem und Langfristigem illustriert. Innovative Beteiligungsverfahren und Stadt­entwicklungsstrategien im Sinne der Selfmade City haben den Transformationsraum zur Referenz moderner Stadt­ und Freiraumplanung werden lassen, soziale Mischung und die Integration haben sich behutsam und innovativ weiterentwickelt, z.B. durch Pflege und Ausbau von bezahlbaren Wohnungen. In Teilen des Gebietes führt die hohe Nachfrage nach Wohn-­, kreativen Arbeits-­ und Dienstleistungsräumen zu Konkurrenzen um Flächen und Räume[9]. Die im Rahmen des Projektes untersuchten Uferbereiche sind durch die Ausweisung und den Neubau hochpreisiger Gewerbeflächen gekennzeichnet. Bezahlbarer Wohnraum ist vermehrt im nicht untersuchten Bereich der Stadtspree, im Bezirk Neukölln ausgebaut worden bzw. neu entstanden.

Die Stadtspree könnte sich im Zuge der Diffusion zur Multifunktionalen Stadtlandschaft entwickeln: „Private und öffentliche Räume, kommerzielle und kulturelle Nutzungen, Arbeits- und Freizeitwelten, künstliche Innenwelten und urbane Freiräume sind auf engem Raum benachbart, gestapelt ineinander gestülpt oder zu hybriden Räumen verschmolzen“[10].

Mit Blick auf die im Modellgebiet vorhandenen Typologien und Akteure zeigen sich die Potenziale zur Diffusion der RWF-Technologie: Akteursnetzwerke, die hoch dynamisch mit Eigeninitiative und/oder Kapital agieren, Nachnutzungen der Industriebauten und Stadtentwicklungsstrategien der SelfMadecity eröffnen Potenziale zur Etablierung und Diffusion der Typologie Transformationsbau. Regenwasser und/oder Grauwasser würden zur Ressource für Nahrungsmittelproduktion in Aqua- und/oder Hydroponik im (Dach)Gewächshaus im neu entstehenden Wohnungsbau. Quartiersentwicklung ist hier als partizipatives Entwurfs- und Umsetzungsmodell, als beispielhafte neue Strategie städtisch-produktiven Miteinanders denkbar. Die derzeitigen Entwicklungen um die Holzmarkt e.G. oder das Eckwerk sind ein Beispiel für die Entfaltung des beschriebenen Transformationspotenzials und die Etablierung der Typologie Transformationsbau.

Die im Untersuchungsgebiet um- und nachgenutzten Gewerbeflächen in industrieller Bausubstanz können als Potenzialflächen für die Typologie Gewerbe betrachtet werden. Regenwasser würde zur Ressource für Nahrungsmittelproduktion in Aquaponik im (Dach)Gewächshaus. Mögliche Betreiberkonzepte wären z.B. Eventgastronomie in der ansässigen Musik- und Hotelbranche, Restaurant- und Kantinenbetrieb im Kontext der bereits gebauten und neu gebauten Büro- und Gewerbegebäude. Regenwasser und Schwarzwasser würden zur Ressource für Nahrungsmittelproduktion in Hydroponik im (Dach)Gewächshaus, hier stünden insbesondere die Verwaltungs- und Bürogebäude im Fokus der Quartiersentwicklungsstrategien. Neu entstehende und bestehende Wohnbebauungen lassen ebenso Potenziale im Bereich der Typologie Wohnen erkennen: Regenwasser und Grauwasser würden zur Ressource für Nahrungsmittelproduktion in Aqua- und Hydroponik im (Dach)Gewächshaus. Immobilieneigentümer und/oder Mieter könnten sich bei Diffusion der Technologie mit den neuen Herausforderungen für Eigentümer und Bewohner auseinandersetzen.

Mann website-01-01Die hier ansässigen oder sich ansiedelnden Macher oder „Maker“ von Stadt entwickeln Technologie und Architektur im Kontext, denken Nahrungsmittelproduktion als Bestandteil der Wohn- und Gemeinbedarfsnutzungen[11].

Flexible Sonderbauten als Bestand und als Neubauten werden ebenfalls im Transformationsraum verortet und knüpfen an die hier vorhandene Tradition der temporären Raumnutzung entlang der Spree an. Egal ob Studentenwohnheim, Unterkunft für Flüchtende und Asylbewerber, Ateliergebäude, Ferienlager und/oder Raum für Sommerschulen und Stadtentwicklungsworkshops – der Transformationsbau entstünde eigenlogisch im Untersuchungsgebiet[12].

Der Neubau von Eigentumswohnungen und Unternehmenssitzen im Untersuchungsgebiet lädt ein zur Spekulation über Image und Lifestyle in der zukünftigen Dachfarm-Metropole Berlin[13].