Nutzung, Dichte, Wanderungssaldo, Weg- und Zuzugsquoten, Eigentums- und Mietverhältnisse

Im Untersuchungsgebiet Mierendorff-Insel finden sich überwiegend Wohnnutzungen und intakte kleingewerbliche, gewerbliche – teilweise industrielle – Nutzungen. Es gibt Bereiche zur Naherholung, wie z.B. Kleingärten und Sportanlagen sowie Einrichtungen für Bildung und Ausbildung. „Die Mierendorff-Insel entspricht durch ihre Infrastruktur in fast idealtypischer Weise der Blaupause einer Kleinstadt. Die hier gemachten Erfahrungen lassen sich daher zukünftig ggf. auch auf andere Städte übertragen“[1][2].

Daten zur sozialen Struktur lassen überdurchschnittliche Erwerbslosigkeit- und durchschnittliche Armutsrisiken erkennen. Der Index zur Sozialen Ungleichheit befindet sich auf mittlerem Status bei positiver Dynamik[3]. Im Vergleich zu anderen Berliner Bezirksregionen liegt die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im unteren Mittelfeld, ca. ¼ der Bewohnerinnen lebt teilweise ohne hauptberuflichen Erwerb mit staatlicher Unterstützung[4].

Das Netzwerk NMI (Nachhaltige Mierendorff-Insel) betrachtet die gemeinsame Beschäftigung mit dem Thema Nachhaltigkeit als Beziehungsstifter zwischen Nachbarn unterschiedlichster Herkunft sowie als integratives, d.h. die Kreativität und Chancengleichheit förderndes Unterrichts- und/oder Projektthema[5]. 38% der Bewohner haben einen Migrationshintergrund, bei den Kindern unter 6 Jahren sind es 62,5% [3].

Der Anteil der Sozialmietwohnungen am Wohnungsbestand liegt unterdurchschnittlich zwischen 3-8 %. Die Belegungsdichte liegt im unteren Bereich bei 1,8 Personen/ Wohnung. Städtische Wohnungsbaugesellschaften sind in Besitz von weniger als 10 % des Wohnungsbestandes. Die Umwandlung in Privateigentum und Anzahl der Wohnungsverkäufe liegen im überdurchschnittlichen Bereich, das Gebiet verzeichnet gleichzeitig jedoch geringen Zuzug, d. h weniger als 4%. 90 % der Einwohner leben länger als ein Jahr im Kiez, bis zu 60 % länger als 5 Jahre [3]. Die aufgeführten statistischen Daten verdeutlichen, das hier Anwohner und “Eingesessene” zu Wohnungseigentümern werden.

Baustruktur, Kartierung der RWF-Gebäudetypen, Wasserhaushalt

Wohnnutzungen sind zum größten Teil typische Blockrandbebauungen der Gründerzeit und der 1920iger und 1930iger Jahre. Es gibt verhältnismäßig viel Fläche für Gemeinbedarfs- und Sondernutzungen, Privatgärten und Freiflächen[6].  Bisher nicht genutzte industrielle Bausubstanz bietet das ehemalige Kraftwerk Reuter. Gewerbe und Dienstleistung sind als Gewerbezentren bzw. als Kleingewerbe in der Blockrandbebauung und im Blockinnenbereich realisiert.

Verdunstungswerte und Abflusswerte liegen insgesamt im durchschnittlichen Bereich, da hoch versiegelte Gebiete direkt neben grüner Infrastruktur (Grün- und Freiflächen) und innerhalb offener Wasserflächen liegen. Das gesamte Gebiet wird in Mischkanalisation entwässert, lediglich zwei industrielle genutzte Grundstücke im Norden und Osten des Gebietes sind an die Reegenwasserkanalisation angeschlossen[6].

Zusätzlich zur bereits beschriebenen Akteursstruktur sind die Insel- und die Wasserlage des Gebietes charakteristisch im Kontext der RWF-Modellgebiete. Der Raum ist durch seine Nutzungsgeschichte, das spezielle Akteursspektrum und die bewusst in Richtung Nachhaltigekit gelenkte Entwicklungsdynamik ein Transformationsraum, der sich stark nutzergesteuert entwickelt.

Sofern Sanierungen notwendig sind, kann die Wohnnutzung in Blockrandbebauung als Potenzial für den RWF-Gebäudetyp 1 Wohnungsbau betrachtet werden. Dies gilt jedoch nur im Falle ausreichend großer Flachdächer und anstehender Strang- bzw. Dachsanierungen (vgl. Eigenschaften des Quartiers/ Dachflächenpotenziale). Blickt man auf die Gewerbe- und Industrienutzungen im Mierendorff-Kiez sind hier die größten RWF-Entwicklungspotenziale sichtbar. Der RWF-Gebäudetyp Gewerbebau ist daher auch beispielhaft im Mierendorff-Kiez verankert: Für das Fallbeispiel wurde der Büro- und Ausbildungsplatzstandort der Berliner Stadtreinigungsbetriebe am Mierendorff-Platz 20 ausgewählt. Weitere räumliche Potenziale für den Typ Gewerbebau bieten sich im geplanten berlinbiotechpark im nördlichen Teil der Mierendorff-Insel an. Die bisher nicht genutzten Flächen des ehemaligen Kraftwerks Reuter im südlichen Teil der Insel können als Potenzialflächen für den RWF-Gebäudetyp Transformationsbau betrachtet werden. Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen sind mit großen Dachflächen ausgestattet, sodass auch hier Entwicklungspotenzial für den RWF-Gebäudetyp Bildungsbau vorhanden ist.

RWF-Entwicklungsthesen für die Mierendorf-Insel: Neue Nachbarschaften! Mut zum Modellkiez! Unternehmen gewinnen!

Zu Beginn der 2000-er Jahre gaben die Sozialdaten (wie z.B. hohe Erwerbslosigkeit, geringer Zuzug) Anlass zur Einrichtung eines Pilotprojektes im Sinne einer präventiven Maßnahme durch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Das vereinfachte Stadtteilmanagement Mierendorffinsel wurde etabliert. Seit 2014 verfolgt die Initiative Nachhaltige Mierendorffinsel 2030 nun ihre Vision der Zukunft: Sie möchte das Thema Nachhaltigkeit „modellhaft durchdeklinieren (…) die hiesige, natürlich abgegrenzte Inselsituation des Sozialraumes/ Quartiers begünstigt einen vorbildhaften Charakter“[7].

Ziele sind die Beteiligung und Vernetzung der Einwohner sowie die Verbesserung der Lebens- und Standortbedingungen der Menschen und Unternehmen. Es gibt bereits Projektansätze im Untersuchungsgebiet, welche durch die Diffusion der RWF-Technologie noch gefördert werden können. Dazu gehören die Energieoffensive 2030, ressourcenschonende, regionale Energiegewinnung soll gefördert, der CO2-Ausstoß verringert werden. Unter dem Stichwort Urban Roof Gardening wird die lokale Versorgung des Kiezes durch den kommerziellen Betrieb eines Dachgewächshauses angestrebt. Die Marke Mierendorff soll entstehen, ein einheitlich kommunikatives Erscheinungsbild, welches die Identifikation aller Beteiligten mit ihrem dirketen Umfeld stärkt[8].

Ein Blick auf die im Modellgebiet vorhandene, artikulierte und geförderte Vision und deren Akteure zeigt die Potenziale zur Diffusion der RWF-Technologie: Spezielle, hoch motivierte Akteursnetzwerke mit starkem Unternehmensanteil, Stadtentwicklungsstrategien der SelfMadecity, nutzerorientierte Stadtentwicklung und Bedarf an Gewerbeflächen eröffnen Potenziale zur Etablierung und Diffusion der Typologien Gewerbebau. Regenwasser und/oder Grau- und Schwarzwasser würden zur Ressource für Nahrungsmittelproduktion in Aqua- und/oder Hydroponik im (Dach)Gewächshaus, für neu entstehende Gewerbebauten im berlinbiotechpark[9]. Beispielhaftes, nachhaltiges Unternehmertum im Baubestand ist hier als beispielhafte Entwicklungsstrategie denkbar.

Die um- und nachgenutzten Gewerbeflächen in industrieller Bausubstanz sind Beispiele der Typologie Transformationsbau, Nachnutzungen des ehemaligen Kraftwerks Reuter sind als Wohn-, Gewerbe- und Kulturquaree[1]. geplant, RWF-Technologie und Dachgewächshäuser lassen sich hier baulich integrieren. Regenwasser würde zur Ressource für Nahrungsmittelproduktion in Aquaponik im (Dach)Gewächshaus.

Mögliche Betreiberkonzepte wären z.B. Event- und Ausbildungsgastronomie der ansässigen Unternehmen, wie z.B. das Dachgewächshaus auf dem Ausbildungszentrum der Berliner Stadtreinigung. Restaurant- und Kantinenbetrieb im Kontext der bereits gebauten und neu gebauten Büro- und Gewerbegebäude ist denkbar. Regenwasser und Schwarzwasser würden zur Ressource für Nahrungsmittelproduktion in Hydroponik im (Dach)Gewächshaus, hier stünden insbesondere die Verwaltungs- und Bürogebäude im Fokus der Quartiersentwicklungsstrategien.

Die Initiative Nachhaltige Mierendorffinsel 2030, denkt Nahrungsmittelproduktion als Bestandteil der Quartiersentwicklung und als Schlüsselprojekt für nachhaltiges Unternehmertum[2]. Umgebaute und neu gebaute Gewerbebauten finden ihren Platz im Modellkiez und stiften neue Nachbarschaften und Kooperationen. Integrierte, produktive Gewächshausstrukturen sind internationale Vorzeigeprojekte für nachhaltiges Unternehmertum und kreative Quartiersentwicklungsstrategien im Berliner Transformationsraum. Gewerbetreibende und Unternehmer könnten Produzenten von Nahrungsmitteln sein, Mieter und Bildungseinrichtungen würden als Konsumenten regionaler Produkte zum unmittelbaren Nachbarn und Geschäftspartner. Die Mierendorffinsel bietet über die besondere Akteursstruktur hinaus auch Transportmöglichkeiten über Wasserwege!