|Transformationsraum, Spreeraum Berlin, Eigenschaften des Quartiers

Das Untersuchungsgebiet Spreeraum Berlin steht beispielhaft als innerstädtischer Transformationsraum entlang der Wasserlagen von Berlin. Es erstreckt sich von der Jannowitzbrücke bis zur Elsenbrücke in Berlin-Kreuzberg. Direkt angrenzend liegt die Rummelsburger Bucht.

„An der Stelle, wo alte Handelswege den Fluss kreuzten, entstanden im Mittelalter auf Sandkuppen neben der Spreefurt die Städte Berlin und Cölln. Zusammen mit Köpenick und Spandau bildeten sie die Keimzellen der heutigen Stadtlandschaft: Händler und Handwerker erkannten die günstige Lage dieser frühen Verkehrsknoten. Über die Wasserwege baute Berlin sein Handelsnetz und gewann rasch an Bedeutung”[1]. Im Industrialisierungsboom des 19. Jahrhunderts veränderte sich die Entwicklung rasant: Die Spree wurde zum Transportweg und Abflusskanal der Fabrikabwässer. Hohe Spundwände, Hafenanlagen und Kontorhäuser entstanden kilometerweit an den Ufern der Spree. Die Stadt wandte sich vom Ufer ab. [1]

In den letzten Jahrzehnten erlebte der Transformationsraum Stadtspree im Untersuchungsgebiet eine starke Umstrukturierung[7a]. Die Uferbereiche – u.a. im Untersuchungsgebiet – waren während der Teilung Berlins durch den Verlauf der Berliner Mauer geprägt und haben so über Jahre den Charakter einer innerstädtischen Randlage entwickelt, verstärkt durch das Brachfallen vieler Gewerbe- und Industriebauten und -flächen in den 1990er und 2000er Jahren. Nur teilweise gelang der Stadt Berlin die Entwicklung einzelner Projekte mittels europäischer Förderung und privatem Kapital. Die Rummelsburger Bucht wurde zum Entwicklungsgebiet für hochpreisige Wohnnutzung. Die Entwicklungen dort sind weitgehend abgeschlossen[2]. Als weiteres Entwicklungsprojekt wurde das Regionalmanagement Media Spree eingerichtet. Es sollte einen Teil des Spreeraums als Standort für die Kreativindustrie vermarkten und entwickeln. Zwischennutzer hatten diesen Raum zwischen Elsen- und Jannowitzbrücke bereits für sich entdeckt, bespielt und besiedelt, bevor das Regionalmanagement Media Spree eingerichtet wurde. Klassische Stadtentwicklungsstrategien und kreative, vielfältige Zwischennutzungen generierten hier ein Bild der Stadt als Metropole für Kunst, Kultur und Lifestyle. In die Zeit zum Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre fällt auch das Zitat des damaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit „Berlin ist arm, aber sexy“. Kultur und Leben an den Ufern der Spree zogen Tourismus und Stadtbewohner an.

Der Raum wurde 2007 als „Eroberungsraum der Kreativszene“ interpretiert und sollte zum Leitprojekt der Integration kultureller Entwicklung in die Stadtentwicklung werden. [3] Wie kaum ein anderer Raum in der Stadt, war dieser Bereich daher geprägt vom spannenden Nebeneinander klassischer Projektentwicklung und informeller, nutzergesteuerter Raumaneignung: „Skateparks in aufgelassenen Industriearealen, Ponyhaltung auf dem Mauerstreifen, Flohmärkte in ungenutzten Lagerhallen, Musik- und Modelabels in leer stehenden Ladenlokalen oder Kletterparcours in Baulücken – wie in kaum einer anderen europäischen Metropole bereichern temporäre Nutzungen das Stadtbild Berlins. Für die Stadtentwicklung spielen Zwischennutzungen zunehmend eine strategische Rolle. Dort, wo auf brachliegenden Flächen die Umsetzung klassischer Stadtplanung an ihre Grenzen stößt, entstehen durch die Raumpioniere neue Entwicklungsperspektiven.“ [2a]

Heute hat sich das Bild des Raumes verändert. Die Entwicklung in den letzten Jahren war hochdynamisch. Der Diskurs um die Entwicklung der Stadtspree war divers und kontrovers, An die Stelle von informellen und temporären Nutzungen sind Immobilienentwicklungen, Büro- und Gewerbebauten getreten. Eigentumswohnungen entstehen dort, wo einst per Referendum für die Nichtbebauung des Spreeufers gestimmt wurde.[4]

Der kritischen Diskussion um die Entwicklung des Raumes ist es zu verdanken, das hier bis heute unterschiedliche Lebens- und auch Wirtschaftsmodelle ihren Platz finden, von der Baugruppe, über das Kiezprojekt bis hin zum Urban Village. [5]

Was bleibt, ist eine spannende Mischung von Akteuren: die Macher oder „Maker“ von Stadt prägen diesen Raum. Im Stadtentwicklungskonzept 2030 wird die Stadtspree als „internationales Vorzeigeprojekt für die gelungene Integration von Neuem und Altem, Wohnen und Arbeiten, Temporärem und Langfristigem“ genannt. “Impulse sind die Wasserlagen entlang der Spree. (…) Innovative Beteiligungsverfahren und Stadtentwicklung im Sinne der Selfmade City[6]  haben den Raum zur „Referenz moderner Stadt- und Freiraumplanung“ gemacht haben: „Im Transformationsraum haben sich die soziale Mischung und die Integration behutsam und innovativ weiterentwickelt (…). Stadtspree und Neukölln sind Standorte einer starken und stabilen mittelständischen Wirtschaft. (…) Dafür haben neue Kooperationen zwischen öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren gesorgt.“[7]

Im Kontext der Selfmade City  könnte hier gelten, was die Bundesregierung am 16. März 2015 über das Projekt ROOF WATER-FARM schrieb: “Badewasser bei die Fische – und Erdbeeren frisch vom Dach! Frische Fische, Salat und Erdbeeren direkt vom Dachgarten, Landwirtschaft mitten in der Stadt. Bewässert mit dem Wasser aus Badewanne und Geschirrspüler. Das wäre nicht nur praktisch, sondern würde auch Wasser, Transportwege und damit Energie sparen”.

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Newsletter/Nachhaltigkeit/KW09/7-Artikel/2015-02-25-badewasser-bei-die-fische.html