|Wirtschaftlichkeit Siedlungswasserwirtschaft

Ziel des Forschungsprojektes war es die RWF Konzepte als eine Komponente zukünftiger Stadtplanung und Siedlungswasserwirtschaft zu entwickeln und nicht die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer breiten Umsetzung der noch pilothaft betriebenen Systeme für die zentrale Siedlungswasserwirtschaft unter Beweis zu stellen. Eine Bewertung der wirtschaftlichen Folgen für die zentrale Siedlungswasserwirtschaft bei Anwendung von RWF Varianten auf städtischer Ebene ist ferner im Rahmen des Forschungsprojektes nicht möglich, da:

  • Kosten der konventionellen Siedlungswasserwirtschaft in Ballungsgebieten auf weitestgehend bestehender Infrastruktur (Trinkwassergewinnung, Wasser- und Kanalnetz, zentrale Abwasseraufbereitungsanlagen) beruhen, die auch bei einer breiteren Umsetzung von RWF weiterhin (wenn auch reduziert) benötigt wird. Eine differenzierte Wirtschaftlichkeitsanalyse einer vollständigen Abkopplung spezifischer Siedlungsgebiete (Neubaugebiete) von der zentralen Siedlungswasserwirtschaft durch Anwendung von erweiterten RWF und anderen dezentralen Konzepten ist nicht Bestandteil des Forschungsprojektes.
  • Sich der ökonomische Bilanzraum von öffentlicher Siedlungswasserwirtschaft und dezentralen RWF Systemen stark unterscheidet. Die Kostenstruktur der Abwasserentsorgung verschiebt sich bei RWF von der öffentlichen Hand in den privaten Raum und erschwert so eine integrierte Bilanzierung zweier unterschiedlicher Finanzierungssysteme. Weiterhin unterscheiden sich die primär betroffenen Sektoren von RWF Konzepten (Landwirtschaft, Immobilienwirtschaft, Stadtplanung, etc.) und konventioneller Siedlungswasserwirtschaft (Tiefbau, Oberflächenwassermanagement) stark;
  • Die Wirkung der bestehenden Siedlungswasserwirtschaft im Vergleich zu RWF Systemen im Sinne von Stoff- und Wasserkreisläufen grundlegend unterschiedlich ist und bei RWF ein weites Spektrum an nichtmonetären und für die klassische Siedlungswasserwirtschaft untypischen Aspekten zu berücksichtigen ist (neue Berufsbilder, Multifunktionalität von Stadtraum, lokale Wertschöpfungspotenziale, Düngemitteleinsparungen für Lebensmittelproduktion, etc.) (siehe Menüpunkt Integrierte Analyse).

Nichtsdestotrotz werden hier mögliche Effekte einer berlinweiten Anwendung der vier RWF Varianten auf die zentrale Siedlungswasserwirtschaft skizziert. Die grobe Stoffstromanalyse beruht auf der im Menüpunkt „Stadt“ präsentierten GIS Simulation.

Bei der GIS Simulation von den RWF Variante I und II wurde angenommen, dass überschüssiges Betriebswasser aus der Grauwasseraufbereitung für Toilettenspülungen in den entsprechenden Gebäuden eingesetzt werden kann. Dadurch können bei maximaler berlinweiter Umsetzung dieser Varianten (siehe Menüpunkt „Stadt“) etwa 16% des berechneten gesamten häuslichen Trinkwasserverbrauchs in Berlin eingespart werden. Das GIS Modell zeigt weiterhin, dass der reduzierte Trinkwasserverbrauch und Evaporation von Wasser in RWF-Dachgewächshäusern zu einer theoretischen Reduktion der berechneten gesamtstädtischen häuslichen Abwasserproduktion von 23% führen könnte. Weiterhin offenbart das Modell für die RWF Variante I einen Anstieg der Stickstofffracht in häuslichem Abwasser (berlinweit) um 6% und der Phosphorfracht um ca. 20%, was auf die Zugabe von Nährstoffen durch Fischfutter bei dieser Variante zurückzuführen ist. Analog würde bei der RWF Variante II durch die Düngung mit aufbereiten Schwarzwasser die Stickstofffracht um 5% und Phosphorfracht um 9% sinken.

Die Identifikation und ökonomische Bewertung der großen Bandbreite an möglichen und lokal sehr unterschiedlichen Effekten auf bestehende Netze und Infrastruktur durch die abgeschätzten theoretischen Veränderungen in Trinkwasserbedarf, Abwassermenge und -zusammensetzung ist im Rahmen des Projektes nicht möglich.

Bei den RWF Varianten III und IV, die mit Regenwasser betrieben werden, wurde die gesamte Gebäudegrundfläche als Einzugsgebiet für Regenwasser im GIS Modell verwendet. Dadurch berechnet sich ein berlinweites Einzugsgebiet von 4.193 ha für die RWF Variante III und 2.992 ha für die Variante IV. Bei insgesamt 29.190 ha versiegelter Fläche in Berlin und 9.574 ha bebaute versiegelte Fläche (ohne Straßen) in Berlin [1] wären mit Variante III, 14% der gesamten versiegelten Fläche und 44% der bebauten Fläche an eine Regenwassernutzung angeschlossen. Für die Variante IV wären es analog 10% der gesamten versiegelten Fläche und 31% der bebauten Fläche.

Unter der Annahme, dass Regenwasser von den RWF Dachflächen zu jedem Zeitpunkt vollständig gesammelt und gespeichert, bzw. Überschüsse versickert werden können, kann bei breiter Umsetzung von RWF ein positiver Effekt auf das städtische Regenwassermanagement angenommen werden. Allerdings sind nur rund 34% der RWF Potenzialflächen an die Mischkanalisation (und 64% an Trennkanalisation) angeschlossen (siehe Abbildung), wo Entlastungen der zentralen Infrastruktur bei Extremwetterereignissen besonders relevant sind.

Besonders bei Gebäuden, die an die Trennkanalisation angeschlossen sind, muss bei Anwendung der RWF Variante III ein relativ hohe Abwasserstrom aus der Dachfarm berücksichtigt werden. Dadurch würde Regenwasser, das ursprünglich getrennt abgeleitet wurde, zu Abwasser, welches durch das häusliche Abwassernetz entsorgt werden müsste.